aggressive Schuldner

Wie geht man mit aggressiven Schuldnern um?

Arbeiten im Inkassobüro bringt gewisse Herausforderungen mit sich, vor allem, wenn das Inkassobüro auf persönlichen Kontakt mit den Schuldnern wert legt. In meinen Unternehmen wird genau das gemacht, da wir auf diese Weise das beste Kundenservice und die höchsten Rückzahlungsquoten erreichen. Nun sind die Schuldner nicht immer kooperativ, was von ihrer Seite auch verständlich ist, manchmal sind sie sogar richtig aggressiv. Wie man mit einem aggressiven Schuldner umgeht, beschreibe ich in diesem Blogartikel.

 

Inkasso macht aggressiv

Aus Sicht der Schuldner ist eine aggressive Reaktion auf die Kontaktaufnahme durch ein Inkassobüro durchaus nachvollziehbar. Wer wird schon gerne an eigene Schulden erinnert? Dennoch hat diese Aggression oftmals andere Hintergründe als den blossen Angriff auf den Inkassomitarbeiter. Meistens ärgern sich die Schuldner selbst über ihre eigenen Handlungen, und diese Wut über sich selbst wird auf das Inkassobüro übertragen. Die Aggression am Telefon kann dann kurzzeitig vom eigenen Verschulden ablenken und dafür sorgen, dass man sich im Recht fühlt, was in den allermeisten Fällen jedoch nicht zutrifft. Der Inkassomitarbeiter ist dann das Ventil für den Frust und der Leidtragende. Gut ausgebildete Inkassomitarbeiter können mit solchen Situationen sehr professionell umgehen, weil sie wissen, weshalb der Schuldner so reagiert und dass eventuelle Beschimpfungen nicht persönlicher Natur sind. Wie kann man darauf reagieren?

 

Methode 1: Wie man in den Wald schreit, so schallt es auch heraus!

Nun wäre es fatal, dem Schuldner ebenso aggressiv zu begegnen. Was ist die Kernaufgabe eines Inkassobüros? Die schnellstmögliche Begleichung der Schulden durch den Schuldner. Dies bedeutet jedoch, dass die Widerstände auf Seiten des Schuldners in jedem Fall abgebaut werden müssen. Wenn nun in gleichem Ton zurückkommuniziert wird, dann werden die Fronten verhärtet und das Gespräch wird nicht nur mühsamer, sondern auch die Begleichung der Schulden wird sich höchstwahrscheinlich massiv verzögern. Das bedeutet, dass der Inkassomitarbeiter alles dafür tun muss, um die aufgeheizte Stimmung zu beruhigen. Nur eine Kommunikation, die Deeskalation als Grundlage hat, wird auf Dauer erfolgreich sein. Wenn man einem dominanten Menschen ebenfalls mit Dominanz kommt, wird dies eher zur Eskalation der Lage beitragen. Wie kann man stattdessen reagieren?

 

Methode 2: Den Schuldner dort abholen, wo er steht!

Psychologisch und kommunikativ gut ausgebildete Inkassomitarbeiter wissen, weshalb ein Schuldner so reagiert, wie er reagiert. Unter Umständen führen sie sogar mehrere solcher Gespräche am Tag und können ihre Emotionen entsprechend im Zaum halten. Dies hilft dabei, auf die Bedürfnisse des Gegenübers einzugehen. Solch ein Bedürfnis könnte eben sein, sich Luft zu verschaffen, Emotionen abzubauen und dann, mit kühlem Kopf, an die Bearbeitung der Sache zu gehen. Der Inkassomitarbeiter muss für ein wertschätzendes Gesprächsfundament sorgen, selbst wenn das Gegenüber alles dafür tut, um es zu sabotieren. Eines muss klar sein: Nur über Kooperation werden hohe Rückzahlungsquoten von Inkassobüros erzielt, nicht über Einschüchterung, Dominanz oder Bedrohung.

 

Beispiel aus der Praxis

Vor einiger Zeit hatte ich einen spannenden Fall, wo ein junger Mann einfach seine Rechnungen nicht bezahlte. Ich telefonierte mit ihm und er war sofort sehr aggressiv. Er schrie nicht nur ins Telefon, sondern bedrohte mich sofort. Er meinte, wenn ich das Inkassobüro verlasse, würde er mit seinen Kumpels vor der Tür auf mich warten.

Tatsächlich lauerte, kurze Zeit später, eine kleine Meute an Jugendlichen auf dem Parkplatz. Anrufe bei der örtlichen Polizei brachten nichts, da noch nichts passiert sei. Ich bekam es verständlicherweise mit der Angst zu tun, doch Angst und Panik sind selten gute Berater. Was würdest du in solch einer verfahrenen Situation tun?

 

Den emotionalen Anker finden

Emotionen sind der Hebel. Durch seinen Nachnamen wusste ich, wie ich nach seiner Familie suchen konnte. Bereits die erste Nummer verband mich mit seinem Vater. Ich hätte nun ebenfalls aggressiv in das Gespräch gehen können und ihn fragen, wie er seinen Sohn erzogen hat. Doch ich entschied mich für einen anderen Weg. Ich schilderte ihm die Situation und drückte meine Besorgnis darüber aus, dass ich Angst hätte, dass sein Sohn ins Gefängnis muss, falls mir etwas zustösse. Darüber hinaus habe ich unsere Gemeinsamkeiten herausgestrichen, da ich als Vater ebenfalls weiss, wie wichtig es ist, seine Kinder vor Unheil zu schützen. Auf diese Weise konnte ich den Vater auf einer sehr emotionalen und verständnisvollen Ebene begegnen und ihn davon überzeugen, seinen Sohn vor weiteren Dummheiten zu bewahren.

Der Vater bedankte sich bei mir und kontaktierte seinen Sohn. Kurze Zeit später fuhren die Autos der Jugendlichen vom Parkplatz. Die Einwirkung des Vaters auf seinen Sohn hatte eine ganz andere emotionale Tiefe als ich es jemals erreichen hätte können.

 

Fazit von Milan Milic

Viele Wege führen nach Rom, sagt man. Im Inkassobüro muss man darauf vorbereitet sein, dass die Kommunikation von Schuldnern aggressiv sein wird. Aus ihrer Sicht ist es durchaus verständlich. Meistens ärgern sie sich über sich selbst und versuchen, die Schuld beim Inkassobüro oder beim Inkassomitarbeiter zu suchen. Dies treibt manchmal sonderbare Blüten. Dennoch darf man sich nicht aus dem Konzept bringen lassen, egal, wie skurril die Situation sich auch entwickelt.

Telefoninkasso ist der wohl eleganteste und beste Weg, mit dem Schuldner in Kontakt zu kommen und eine kooperative Kommunikation aufzubauen. Geschriebene Worte, in Form von Mahnungen, können niemals diese Qualität erreichen, da sie zu viel Interpretationsspielraum bieten. Deshalb ist eine professionelle Schulung für Inkassomitarbeiter in Psychologie und Gesprächsführung unausweichlich. Nur so kann sichergestellt werden, dass das beste Ergebnis für alle beteiligten Parteien erreicht wird. 

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